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Von der Bitcoin-Illusion zur digitalen Eigentumsökonomie – oder: Warum das Zeitalter der Digitalisierung das Geld reformieren kann – aber nicht durch Krypto-Fantasien

Frank-Christian Hansel
Bitcoin war nie nur ein Finanzprodukt. Er war immer eine Verheißung – und damit auch eine Projektion. In der kollektiven Phantasie des 21. Jahrhunderts gilt er als „digitales Gold“, als Fluchtpunkt aus einer von Schulden, Inflation und institutioneller Überforderung geprägten Welt. Doch diese Vision, die technologische Erlösung mit monetärer Autonomie verwechselt, stößt immer dann an ihre Grenzen, wenn die Realität zurückschlägt.Genau das geschieht jetzt. Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten sind keine zufällige Episode, sondern Ausdruck einer tieferliegenden Wahrheit. Nachdem die US-Regierung Anfang Oktober 2025 unter Präsident Trump drastische Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf chinesische Importe verhängt und zugleich neue Exportbeschränkungen für strategische Software erlas…

75 Jahre Freiheitsglocke im Rathaus Schöneberg: Erklärung zur Rede des Bezirksbürgermeisters von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann (Bündnis 90/Die Grünen)

Frank-Christian Hansel
Mit seinen Äußerungen bei der Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Freiheitsglocke am 24. Oktober 2025 hat Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann in eklatanter Weise gegen das Neutralitätsgebot für Amtsträger verstoßen. Dieses Gebot ergibt sich unmittelbar aus Art. 20 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz sowie aus dem Beamtenstatusgesetz (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) und dem Landesbeamtengesetz Berlin (§ 36 Abs. 1 Satz 2 LBG Bln). Danach hat jeder Amtsinhaber seine Aufgaben „neutral und gerecht“ zu erfüllen und die Chancengleichheit der Parteien strikt zu wahren.Oltmanns Rede ist ein Schulbeispiel für den Missbrauch amtlicher Autorität zur parteipolitischen Einflussnahme. Seine Aussage, es sei „immer ein großer Fehler, Rechtsextremisten in Parlamente zu wählen“, überschreitet klar die Gre…

Das Elend der heutigen SPD – Klassenkampf im Zeitalter der Eigentumsökonomik

Frank-Christian Hansel
Die SPD steht heute nicht nur bei rund 15 Prozent in den Umfragen, sie steht auch geistig am Rand ihrer eigenen Geschichte. Ihre Krise ist nicht bloß eine Frage des Personals oder der Kommunikation, sondern Ausdruck eines viel tiefer liegenden theoretischen Stillstands.Während die ökonomische Wissenschaft längst eine Paradigmenrevolution vollzogen hat – den Übergang vom Denken in Klassen zur Analyse von Eigentum und Kredit – wiederholt die SPD ihre alten Formeln. Jüngst wurde das in aller Deutlichkeit im neuen Juso-Papier zur Erbschaftssteuer sichtbar, in dem es wörtlich heißt:„Dieser Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit droht den demokratischen und sozialen Rechtsstaat zu zerstören. Die Antwort ist konsequenter Klassenkampf.“Wenn selbst die Jusos wieder die Sprache des industriellen 19…

AfD und SPD – das Unaussprechliche plötzlich denkbar?

Frank-Christian Hansel
Dietmar Woidke, Brandenburgs Ministerpräsident, hat ein Fenster geöffnet, das nicht nur für seine eigene Partei lebensrettend sein könnte, sondern auch für die CDU ein Albtraum werden dürfte. Um zu verstehen, wie es so weit kommen konnte, muss man zurückgehen: Als Sigmar Gabriel, der damalige SPD-Parteivorsitzende, im sächsischen Heidenau 2015 Pegida-Demonstranten als 'Pack' bezeichnete, fiel eine historische Entscheidung. Statt die Sorgen „der kleinen Leute“, die einst die SPD wählten, ernst zu nehmen, wurden sie stigmatisiert. Hätte Gabriel damals gesagt: 'Wir haben verstanden, wir haben hier Fehler gemacht, lasst uns die Probleme der eigenen Leute als SPD wieder gemeinsam angehen', wäre die heutige Lage eine völlig andere. Die SPD kratzte nicht im Osten an der 5%-Marke und hätte auch bu…

Zur normativen Kraft des Faktischen: Der "Brand-Mauer"fall – Warum die CDU/CSU die AfD nicht länger wegdenken kann, unabhängig davon, ob sie es doch tut oder nicht

Frank-Christian Hansel
Lange galt sie als letzte Bastion der Anständigkeit: die Brandmauer gegen rechts. Sie war das moralische Signum der Berliner Republik, das politische Sakrament, das die Guten von den Bösen, die Demokraten von den Populisten trennen sollte. Wer sie in Frage stellte, galt als Ketzer. Doch nun bröckelt sie – nicht von außen, sondern (noch) vom Rand des Innen.Was sich in diesen Wochen vollzieht, ist mehr als eine parteitaktische Bewegung. Es ist ein Strukturbruch im politischen Denken in Teilen der Union. Der „Brand-Mauerfall“, den Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber, Karl-Theodor zu Guttenberg und eine wachsende Zahl ostdeutscher CDU-Politiker fordern, ist nicht bloß ein Schwenk im Umgang mit der AfD. Er ist die verspätete Anerkennung einer Tatsache: Die Realität lässt sich nicht wegdenken, n…

Zwischen Ideal und Wirklichkeit: Zur inneren Dialektik der AfD

Frank-Christian Hansel
Die Alternative für Deutschland entstand aus einem doppelten Impuls: dem Willen, eine andere Politik zu machen – und zugleich Politik anders zu machen.Der erste Impuls richtete sich gegen die inhaltliche Alternativlosigkeit des etablierten Politikbetriebs; der zweite gegen dessen innere Mechanik – die ritualisierte Sprache, die Machtverflechtungen, die Selbstbezüglichkeit der Parteienlandschaft. Beides zusammen bildete jenen Gründungsmythos, der der Partei den starkem Moment ihrer Energie verlieh.Doch je stärker die AfD in den realen Betrieb der Parteiendemokratie hineingewachsen ist, desto deutlicher traten die Grenzen dieses Anspruchs hervor. Der Mythos von der anderen, reinen Politik stieß auf die Wirklichkeit der politischen Verfahren. Denn Macht folgt in einer Demokratie nicht der Wah…

Demokratie – aber eine echte und wirklich gelebt: Warum das Gerede von „unserer Demokratie“ das Gegenteil von Pluralismus ist

Frank-Christian Hansel
Die jüngste Sinus-Studie im Auftrag von Greenpeace offenbart ein Paradox, das die politische Verfasstheit unseres Landes präziser beschreibt als viele Leitartikel: Über achtzig Prozent der Deutschen halten Demokratie für unverzichtbar – aber nur rund ein Drittel ist überzeugt, dass Deutschland auch tatsächlich demokratisch regiert wird.Das ist keine Abwendung von der Demokratie, sondern ihr Spiegelbild im Moment ihrer Entfremdung. Die Menschen wollen Demokratie, ja – aber eine, die wirklich gelebt und als echte erlebt wird. Die Wähler wollen kein moralisches Ritual, kein Erziehungsprojekt der „Zivilgesellschaft“, sondern ein politisches Gemeinwesen, in dem unterschiedliche Positionen sichtbar, hörbar und wirksam sein dürfen. Diese Sehnsucht ist zutiefst demokratisch.Der Begriff „Unsere Dem…

Vive la différence: Merz will mehr CDU-Parteibüros – die AfD bewegt Menschen

Frank-Christian Hansel
Was Friedrich Merz da ankündigt, ist in seiner ganzen Hilflosigkeit beinahe schon tragikomisch. Der CDU-Vorsitzende will im Osten die Präsenz seiner Partei „wieder deutlich erhöhen“ – durch neue Kreisgeschäftsstellen, durch Ansprechbarkeit, durch Parteiapparat. Mit anderen Worten: Er will die verlorene Volksnähe bürokratisch simulieren. Während die AfD längst ohne solche Strukturen Menschen erreicht, Vertrauen gewinnt und Bewegung erzeugt, glaubt Merz, man könne verlorene Glaubwürdigkeit durch Parteibüros rekonstruieren.Dabei zeigt gerade das Beispiel der AfD, dass man keine aufwendige Infrastruktur braucht, um erfolgreich zu sein und die Herzen und Köpfe der Menschen zu gewinnen. Entscheidend ist, dass man inhaltlich überzeugt, dass man authentisch spricht, wo andere nur phrasenhaft moder…

35 Jahre Deutsche Einheit – und die AfD als stabiler Resonanzboden der doppelten Statuskrise

Frank-Christian Hansel
Wenn 35 Jahre nach der Wiedervereinigung offiziell und medial wieder Bilanz gezogen wird, fällt auf, dass die ostdeutschen Prägungen noch immer als ein Sonderthema behandelt werden. Viele Erklärungen kreisen um Begriffe wie „DNA des Ostens“. Doch damit wird suggeriert, es gäbe ein festes Wesensmerkmal, quasi ein biologisches Erbe, das Ostdeutsche dauerhaft von Westdeutschen trennt. In Wahrheit ist es, wie Steffen Mau herausgearbeitet hat, ganz anders: Die Unterschiede sind Resultat einer massiven, politisch erzeugten Transformation. Der Osten hat nach 1990 eine Erfahrung gemacht, die für Westdeutsche fremd war und bis in unsere Tage blieb: den plötzlichen Zusammenbruch der alten Ordnung, den Abstieg in Arbeitslosigkeit mit verbundenem Verlust sozialer Lebenswelt, den Abzug der Jungen, den …

Eigentum, Disziplin, Hightech – Chinas Triumph und Europas Entscheidung

Europas verlorenes FormatEuropa war nach der Renaissance und verstärkt durch die Aufklärung Avantgarde der Welt. Eigentumstitel und die Logik des Begriffspaars Kredit und Investition bildeten jene revolutionäre Dynamik, die den Kontinent von Florenz über Amsterdam bis Manchester zur Wiege der Moderne machte. Gunnar Heinsohn hat sie präzise gefasst: „Eigentum schafft Kredit, Kredit ermöglicht Investition, Investition treibt Innovation.“Doch heute ist Europa erschlafft. Eigentum wird durch Regulierung, Enteignungsdebatten und Schuldenpolitik ausgehöhlt. Kreditmärkte nähren “Brot-iund-Spiele”-Konsum, nicht produktive Innovation. Universitäten senken Standards, Disziplin wird durch passiven Komfort ersetzt.Peter Sloterdijk hat dieses Phänomen als „Übungsdefizit“ beschrieben, als Abkehr von de…