Replik auf die Unverschämtheit und journalistische Bankrotterklärung des Sebastian Leber im Tagesspiegel

Frank-Christian Hansel

Wie Sebastian Leber mit seinem miesen Propagandastück „Die AfD will an die Macht: Was uns droht, wenn sie es schafft“ im Tagesspiegel vom 30.07.2025 sich selbst demontiert

Stellen Sie sich vor, Sie übergeben Ihr Land einem Gestalterlosen ohne Konzept – so beginnt Sebastian Leber seinen suggestiven Alarmruf. Dieser Einstieg verrät weniger über die AfD als über den Autor selbst: Er liefert keine Fakten, sondern bedient sich der billigsten Ressource des aktivistischen Haltungsjournalismus – Angst. Nicht die Analyse der Programme oder der politischen Praxis steht im Vordergrund, sondern das pauschale Verdikt: Die AfD ist gefährlich, also muss man ihre Machtbeteiligung verhindern. Genau hier hat die somit erzwungene Gegenrede anzusetzen.

Leber schreibt, die AfD wolle, was „Rechtsextreme“ in anderen Staaten Europas schon geschafft hätten: an die Macht kommen und regieren. Ja – und das ist in einer Demokratie weder ein Makel noch ein Verbrechen, sondern der Sinn der Sache. Herrschaft durch Mehrheiten ist kein Betriebsunfall, sondern die Essenz des parlamentarischen Systems. Wer davor warnt, dass eine wählbare Kraft im Erfolgsfall tatsächlich regiert, hat das Prinzip Demokratie nicht verstanden – oder will es nicht gelten lassen, wenn die Mehrheit nicht die gewünschte ist.

Es folgt die Pauschalbehauptung, wo immer „Rechtspopulisten“ an die Macht gekommen seien, hätten sie Institutionen geschwächt, Medien eingeschränkt und Minderheitenrechte bedroht. Das ist ein Klassiker der politischen Projektion: „Institutionen schwächen“ bedeutet meist nur, das Machtmonopol der etablierten Parteien zu brechen. „Medien einschränken“ meint in Wahrheit, die Monokultur der großen Redaktionen zu hinterfragen. Und „Minderheitenrechte bedrohen“ ist eine rhetorische Nebelkerze – die Grundrechte gelten universell, nicht exklusiv für Gruppen, die das politische Establishment für besonders schützenswert erklärt. Institutionenkritik ist nicht Zerstörung, sondern Erneuerung.

Apropos: „Rechtextreme“ in anderen europäischen Staaten. Ist etwa der sprichwörtliche Untergang des Abendlandes in Italien durch Giorgia Meloni oder Ungarn durch Viktor Orban eingeleitet worden? Oder zeigt nicht gerade Polen, dass sogar eine Konter-Reaktion des pro-EU-Ministerpräsidenten Donald Tusk auf die vorangehende national-konservative PIS-Regierung in dieser lebendigen Demokratie zu einer erneuten Gegenkorrektur beim Wähler hin zum Staatspräsidenten Karol Nawrocki geführt hat, mit dem sich die Regierung jetzt arrangieren muss? Für wie schwach hält Leber selbst die Institutionen? Für so schwach, weil er im Grunde weiß, dass sie sich die Parteien zur Beute gemacht haben und genau das rückabgewickelt werden soll?

Empörung löst bei Leber auch der AfD-Vorschlag aus, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk massiv zu kürzen oder abzuschaffen. Doch das ist kein Angriff auf die Pressefreiheit, sondern eine überfällige Korrektur eines überdimensionierten, gebührenfinanzierten Apparats, der längst parteipolitisch durchsetzt ist. In keiner westlichen Demokratie gibt es ein vergleichbar kostspieliges Zwangsgebührenmodell – und Reformen würden nicht die Vielfalt einschränken, sondern sie erweitern, weil Ressourcen in freien, marktbasierten Journalismus fließen könnten. Auch hier lohnt übrigens ein - von der anderen Seite herkommender Blick - auf Polen, wo Donald Tusk die im Laufe der Regierungsjahre der PIS gewachsene Dominanz in den öffentlichen Rundfunkanstalten umstandslos ausgeschaltet hat.

Leber warnt zudem, die AfD wolle die Verfassungsgerichte schwächen, um ihre Politik leichter durchzusetzen. Eine solche Darstellung unterschlägt, dass die Justiz selbst längst zum politischen Akteur geworden ist. Gewaltenteilung bedeutet wechselseitige Kontrolle – nicht einseitige Blockade. Eine demokratisch gewählte Regierung muss das Recht haben, auch die Strukturen zu hinterfragen, die ihr Handeln politisch ausbremsen. Im Primat der Politik können gesetze geändert werden. Auch Verfassungen, wie es Merz nach der Wahl mit nicht mehr legitimierten Mehrheiten in Sachen Klimaneutralität vorgeführt hat. Das war dann da offenbar kein Angriff auf den Rechtsstaat, sondern Teil seines politischen Mechanismus. Wie rabiat die gebündelte deutsche Linke mit SPD, Grünen und Linken ausgerechnet in diesen Tagen das Bundesverfassungsgericht durch die Neubenennung dreier Richter politisch für ihre Ziele nutzen (bzw. mißbrauchen) wollten, zeigt der aktuelle Fall Brosius-Gersdorf.

Dann folgt der außenpolitische Alarm: Unter AfD-Einfluss könnten internationale Bündnisse und Verpflichtungen gefährdet werden. Das ist richtig – und völlig legitim. Bündnisse sind keine sakrosankten Dogmen, sondern dienen dem nationalen Interesse. Wenn NATO, EU oder einzelne Verträge Deutschland schaden, muss man sie überdenken oder neu verhandeln. Bündnistreue um jeden Preis ist kein Wert an sich. Sieht man ja am vom britischen Souverän vollzogenen Brexit wie auch aktuell offenbar gerade an Friedrich Merz in Sachen Israel.

Auch der Vorwurf, die AfD würde versuchen, den öffentlichen Dienst „auf Linie zu bringen“, ist entlarvend. Jede Regierung besetzt Schlüsselpositionen mit Personen, die ihre politische Richtung mittragen – das ist normale Regierungslogik, kein Machtmissbrauch. Für CDU, SPD oder Grüne gilt das als selbstverständlich, für die AfD soll es plötzlich ein Tabubruch sein.

Besonders moralisch aufgeladen wird Leber, wenn er behauptet, unter AfD-Regierung würden Minderheitenrechte beschnitten, besonders für Migranten, LGBTQ-Personen und Andersdenkende. Hier zeigt sich der Trick: Aus der Verteidigung universeller Rechtsgleichheit wird die angebliche Gefahr spezifischer Unterdrückung. Die AfD will keine Sonderrechte abschaffen, sondern verhindern, dass sie zur neuen Norm werden. Rechte sind unteilbar – und sie gelten nur dann wirklich, wenn sie nicht an die Zugehörigkeit zu einer identitären Gruppe gebunden sind.

Der Vorwurf, AfD-Politiker würden „hetzen“ und so gesellschaftliche Spannungen verschärfen, ist durchsichtig: Gemeint ist jede klare Benennung von Missständen, insbesondere im Bereich Migration. Doch Spannungen entstehen nicht durch Analyse, sondern durch Verschweigen. Wer Probleme tabuisiert, treibt Polarisierung voran, weil der Wähler nicht an kognitiver Dissonanz leidet.

Ebenso verfehlt ist die Behauptung, die AfD wolle eine „Leitkultur erzwingen“. Leitkultur ist kein Zwang, sondern der minimale kulturelle Konsens, ohne den keine Gesellschaft funktioniert – Sprache, Rechtsordnung, demokratische Spielregeln. Sie grenzt nicht aus, sondern schafft die Basis für friedliches Zusammenleben.

Am Ende malt Leber ein Katastrophenszenario: Unter der AfD sei Deutschland international isoliert, wirtschaftlich geschwächt, politisch rückständig. Doch diese Zustände sind längst Realität – verursacht von den scharz-grün-rot-gelben Regierungen der letzten Jahre. Deindustrialisierung durch falsche Energiepolitik, Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, außenpolitische Marginalisierung: Eine AfD-Regierung wäre der Bruch mit dieser Selbstzerstörung, nicht ihre Fortsetzung.

Die finale Warnung vor „Einschränkung der Freiheiten“ und „Unterdrückung kritischer Stimmen“ wirkt geradezu grotesk, wenn man den aktuellen Zustand betrachtet: Cancel Culture, Gesinnungsprüfungen, Berufsverbote – alles längst da, betrieben von den selbsternannten Verteidigern „unserer Demokratie“ und ihrer vermeintlichen Freiheit. Die AfD will die Meinungsfreiheit nicht einschränken, sondern wiederherstellen: das Recht, auch Unbequemes zu sagen, ohne Repression.

Wer schließlich auf die Geschichte verweist, um das Schreckgespenst von 1933 zu bemühen, betreibt Panik-Marketing. Geschichte wiederholt sich nicht mechanisch, und wer sie zur Blockade demokratischer Prozesse instrumentalisiert, verhöhnt ihre eigentliche Lehre: Demokratie muss alle politischen Richtungen aushalten, sonst ist sie keine.

Die eigentliche Gefahr für Deutschland liegt nicht darin, dass eine demokratisch gewählte Kraft regieren will – das ist ihr gutes Recht und ihr Auftrag. Die Gefahr liegt in einer politischen Kultur, die Mehrheiten für illegitim erklärt, sobald sie nicht aus dem eigenen Milieu stammen. Wer die AfD dämonisiert oder sie sogar abschaffen will, um ihre Inhalte nicht diskutieren zu müssen, beweist vor allem eins: dass diese Inhalte relevanter sind, als es den Herrschenden lieb ist.

AfD an der Macht? Das ist nicht das Ende der Demokratie – das ist zunächst einmal an erster Stelle ihr Beweisstück!