Geopoesie statt Geopolitik – oder: Wie Deutschland seine Rolle in der Welt verspielt – und sich dafür noch bewundert

Manchmal braucht es nur einen nüchternen Blick auf das Weltgeschehen, um zu erkennen, wie provinziell der eigene Horizont geworden ist. Während China mit strategischer Kälte und rationaler Klarheit seinen Einfluss bis in die Hinterhöfe der USA ausweitet, während ein Donald Trump – bei allem Lärm – nüchtern für amerikanische Interessen wirtschaftlich punktet, schickt Deutschland seine besten Leute auf die Weltbühne.

Also „beste Leute“ im Sinne von: Ursula von der Leyen, Annalena Baerbock und ein Heer an Klimaethikern mit ausgeprägtem Empörungsreflex und null Verständnis für Geoökonomie. Wir betreiben eine Politik, die glaubt, Haltung sei ein Ersatz für Handlung. Diplomatie wird zur moralischen Belehrung, Außenwirtschaft zur Selbstsabotage.

China: Strategische Brillanz und globales Denken

Man muss sich das vorstellen: In Peking sitzt Xi Jinping mit einem Thinktank aus Top-Ökonomen, Außenpolitikern und Planern. Sie entwickeln über Dekaden hinweg eine global ausgerichtete Wirtschaftsstrategie, die Infrastruktur, Rohstoffe, Lieferketten und diplomatische Anerkennung intelligent verzahnt. Kein pathosgetränktes Weltethos, sondern stille, durchdachte Expansion – kalt, klug, konsequent.

Währenddessen hält man es in Berlin für einen außenpolitischen Coup, wenn Baerbock einem chinesischen Minister ungefragt erklärt, wie Menschenrechte zu funktionieren haben. Realitätsferner kann man die Bühne der Weltpolitik kaum betreten.

China investiert in Kupferminen, Bahnlinien, Häfen, digitale Netzwerke. Wir investieren in Genderbeauftragte, regulatorische Fußangeln und ein Lieferkettengesetz, das mittelständischen Exportunternehmen den Garaus macht.

USA: Deal statt Debatte

Donald Trump hat vieles gesagt, was dem westlichen Selbstbild nicht schmeckt. Aber ökonomisch hat er geliefert. Hinter seiner Rhetorik stand stets ein Prinzip: Stärke zeigen, dann Deals machen. Das Spiel hat er verstanden.

Europa hingegen zeigt Haltung – und kauft dann doch bei den Chinesen ein. Es gibt kaum eine dümmer konzipierte Wirtschaftspolitik. Der Westen hat den Unterschied zwischen Moral und Macht längst aus den Augen verloren. Trump betreibt Nationalökonomie mit klarem Ziel – wir betreiben transnationale Selbstvergewisserung ohne Wirkung.

Deutschland: Geopoesie statt Geopolitik

In Deutschland hat sich ein ganz eigener Politikstil etabliert: die Geopoesie. Wir erzählen uns Geschichten über unsere moralische Führungsrolle, während die Welt längst anderswo entschieden wird. Wir glauben, mit Symbolpolitik im Bundestag könnten wir Weltpolitik betreiben. Das Ergebnis: Deutschland schrumpft – ökonomisch, diplomatisch, industriell.

Und doch begreifen wir nicht, dass der Stillstand nicht Stabilität ist. Wir laufen im Kreis, glauben aber, es sei Bewegung. Während andere Handelsabkommen schließen, kündigen wir sie. Während andere Ressourcen sichern, reglementieren wir uns aus dem Weltmarkt heraus.

Lateinamerika: Wer rechnen kann, sagt „ni hao“

Lateinamerika? Hat verstanden, woher der Wind weht. Peru, Chile, Kolumbien sagen „ni hao“ zur chinesischen Kreditlinie. Nicht aus ideologischer Überzeugung, sondern weil sie rechnen können. Und währenddessen kritisiert die EU, dass Trump seine Zölle nicht zurücknimmt – ohne zu verstehen, dass wirtschaftliche Stärke nicht durch Bitten entsteht, sondern durch klare Interessenpolitik.

Der globale Süden entscheidet pragmatisch. Brüssel bietet Debatten, Peking liefert Infrastruktur. Wer heute Entwicklung will, setzt nicht auf Werte, sondern auf Verlässlichkeit – und auf wirtschaftlichen Nutzen.

Russland: Der ausgebuhte Machtpol

Der dritte globale Machtpol – Russland – wurde in Deutschland vorsorglich gleich ganz aus dem diplomatischen Fenster geworfen. Im Namen der moralischen Überlegenheit, versteht sich. Statt strategischer Balance: endgültige Verwerfung. Doch Russland verschwindet nicht. Es bleibt rohstoffreich, geopolitisch zentral, militärisch relevant.

Deutschland hingegen ersetzt verlässliche Energiepartnerschaften durch Windräder ohne Wind und verzwergt sich selbst aus der Weltmachtstellung heraus. Energieautarkie als grüne Vision – und faktisch als industriepolitisches Harakiri.

Afrika: Der leise Verlust eines Kontinents

Afrika ist der geopolitische Zukunftsmarkt – jung, rohstoffreich, strategisch. China weiß das. Es investiert, baut, verhandelt. Der Westen hingegen? Hält Vorträge über gute Regierungsführung, Gendergerechtigkeit und nachhaltige Landwirtschaft. Während China Bahnhöfe, Häfen und Glasfasernetze errichtet, sendet Europa Evaluierungsbögen, Belehrungen und Bedingungen.

Und wieder verliert der Westen Einfluss – nicht wegen Kolonialschuld, sondern wegen strategischer Inkompetenz. Wer nur moralisiert, wo andere investieren, wird in Afrika keine Zukunft gestalten, sondern bald um Aufmerksamkeit betteln.

Indien: Der unsentimentale Aufstieg

Indien wird oft unterschätzt – zu Unrecht. Modi verfolgt einen klaren Weg: wirtschaftlicher Aufstieg ohne ideologische Unterwerfung. Indien kooperiert mit den USA, balanciert Russland, meidet China – und lässt sich vom Westen nicht erklären, was Demokratie zu bedeuten hat.

Während wir Indien für „ambivalent“ halten, wird Indien zur Ordnungsmacht Südasiens. Der Subkontinent hat verstanden: Wer auf der Weltbühne mitspielen will, muss souverän handeln – nicht belehren, sondern verhandeln.

Transatlantik: Eine Restbeziehung

Die transatlantische Partnerschaft – einst Grundpfeiler westlicher Ordnung – ist heute eine dysfunktionale Fernbeziehung. Die USA fordern sicherheitspolitische Verantwortung, wirtschaftliche Eigenständigkeit, strategischen Realismus. Deutschland liefert Empörung, Wehrunfähigkeit und Energienotstand.

Washington hat das Spiel geändert. Berlin weigert sich mitzuspielen. Merz auch! Und so verlagert sich die strategische Achse des Westens – ohne uns!

Die Welt dreht sich – wir dichten

Trump und Xi handeln. Modi verhandelt. China liefert. Afrika wächst.
Deutschland aber? Deklariert Haltung als Strategie. Wir schreiben geopolitische Lyrik in einer Welt, die längst in Prosa verhandelt wird.

Wir betreiben Geopoesie – eine Mischung aus Belehrung, Betroffenheit und Weltverklärung.
Doch wer glaubt, mit Moral die Weltordnung gestalten zu können, wird am Ende nicht bewundert, sondern bemitleidet. Die neue Welt ist multipolar – und Deutschland ist auf bestem Wege, darin keine Rolle mehr zu spielen.

Wenn wir es eines Tages merken, wird auf der Bühne bereits alles besetzt sein.
Außer der Platz am Katzentisch. Der ist für uns reserviert – mit Namensschild.

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