Klimawissenschaft als Herrschaftsinstrument: Vom PIK-Skandal zur globalen Technokratur

Die jüngste Enthüllung rund um die im April 2024 erschienene PIK-Studie in Nature ist mehr als nur ein wissenschaftlicher Kuriosum – sie markiert einen Wendepunkt in der Frage, wie eng Wissenschaft, Politik und Finanzsystem heute verflochten sind. Was zunächst als spektakuläre Schlagzeile durch die Medien ging – die Tagesschau sprach vom „Klimawandel, der die Weltwirtschaft bedroht“, der Spiegel von „38 Billionen Dollar Kosten pro Jahr“ – erweist sich rückblickend als einer der größten Wissenschaftsskandale der jüngeren Vergangenheit.

Die Arbeit des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) behauptete, die Weltwirtschaft sei bereits zu einem Einkommensverlust von 19 Prozent bis 2050 verurteilt, selbst wenn die Emissionen sofort drastisch sänken würden. Diese Zahl wanderte in die höchsten politischen Gremien: OECD, Weltbank, US-Regierung und nicht zuletzt die Europäische Zentralbank griffen die Studie als Grundlage auf. Das Network for Greening the Financial System (NGFS), ein Zusammenschluss von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden, übernahm sie in ihre Szenarien – mit direkten Folgen für die Bankenregulierung. Extrem­szenarien wie dieses dienen dazu, Eigenkapitalanforderungen zu erhöhen und damit das Wirtschaftswachstum gezielt zu bremsen. Kritiker wie Jessica Weinkle sprechen von einem „Degrowth-Ethos“, das der Deindustrialisierung Vorschub leistet.

Was aber den eigentlichen Skandal ausmacht, ist nicht nur die inhaltliche Schwäche, sondern die institutionelle Absicherung dieser Arbeit. Vier Gutachter warnten Nature im Vorfeld vor den methodischen Mängeln und sprachen von „keinerlei wissenschaftlicher Grundlage“ und „unintuitiv großen Ergebnissen“. Dennoch wurde veröffentlicht – und kritische Einwände von Wissenschaftlern aus München, Princeton oder dem Bank Policy Institute hielt das Magazin ganze 15 Monate lang zurück. Erst nachdem die politischen Konsequenzen längst eingetreten waren, erschien die Kritik in marginalem Rahmen, begleitet von einer dürftigen Korrektur seitens der Autoren.

Hier zeigt sich exemplarisch, was ich in meinem Beitrag „Wahrheit als Machtfrage – Die politische Ökonomie der Klimawissenschaft“ herausgearbeitet habe: Wissenschaft fungiert längst nicht mehr primär als neutraler Erkenntnisprozess, sondern als Teil eines machtstrukturierten Gefüges. Förderlogiken, institutionelle Interessen und mediale Verstärkung bestimmen, welche Narrative Gewicht entfalten – und welche systematisch ausgeblendet bleiben. Der Peer-Review-Prozess, oft als Schutz der methodischen Qualität gepriesen, erweist sich hier nicht als Bollwerk, sondern als Filter, der das dominante Narrativ bewahrt.

Diese Analyse lässt sich weiter vertiefen durch die jüngste Entwicklung im internationalen Recht: Das IGH-Gutachten vom 23. Juli 2025 etabliert erstmals im Völkerrecht einen rechtlich argumentierten Anspruch auf Klimaschutz – eine »epochale Wende« im globalen Klimaregi­me. Doch wie ich in meinem Artikel „Globales Klimarecht ohne Evidenz? – Das IGH-Gutachten als Meilenstein globaler Technokratur“ zeige, stützt sich diese Entscheidung auf ein einseitig aufgeladenes Wissenschaftsnarrativ, das weder Konsens bei allen Klimaforschern noch demokratische Legitimation besitzt. Das Gutachten installiert das Klimanarrativ als juristisches Dogma – ein klarer Ausdruck von technokratischer Herrschaft jenseits demokratischer Kontrolle.

Der Zusammenhang wird deutlich: Was beim PIK-Fall methodische Ignoranz durch Narrativ-Loyalität offenbart, wird hier durch die juristische Codierung des Narrativs ergänzt. Wissenschaftliche Kontroverse wird auf „Konsens“ reduziert; normative Rechtssetzung verdrängt demokratische Willensbildung.

Die Verflechtung von PIK, NGFS und ClimateWorks ist kein Zufall – sie ist Ausdruck der politischen Ökonomie der Wissenschaft, in der finanzielle Abhängigkeiten und ideologische Zielsetzungen ineinandergreifen. Dass eine Studie trotz massiver fachlicher Bedenken veröffentlicht wird – just weil sie das richtige Narrativ bedient – und dass gleichzeitig fundierte Kritik über Monate hinweg unterdrückt wird, zeigt: Wahrheit ist im gegenwärtigen Wissenschaftsbetrieb keine neutrale Kategorie, sondern eine Funktion der Macht.

Die Folgen sind dramatisch: wenn fehlerhafte Studien als Basis für Bankenregulierung oder Klimastrategien dienen, wird Wissenschaft zur politischen Waffe. Was als „objektive Prognose“ daherkommt, ist in Wahrheit ein Steuerungsinstrument – ein Vehikel für öko-autoritäre Transformation (Degrowth, Deindustrialisierung). Und auf der juristischen Ebene kommt nun ein Werkzeug hinzu, das diese Transformation verfassungsrechtlich schützt und legitimiert.

Deshalb ist eine kritikfähige Wissenschaft – institutionell, methodisch und rechtlich – unerlässlich. Es reicht nicht, einzelne Studien zu widerlegen; notwendig ist ein Systemwandel: mehr methodische Vielfalt, transparente Förderwege, Reform des Peer-Review–Prozesses und Widerstand gegen technokratische Enthumanisierung demokratischer Legitimität. Nur so kann Wissenschaft wieder werden, was sie sein sollte: ein offener Prozess der Erkenntnis – und nicht eine formalisierte Waffe im Dienst politischer Ziele.