Die kommende Linksfront – Berlin vor dem Absturz ohne Haltegriff. Eine Warnung angesichts 2026

Frank-Christian Hansel

Was sich in Berlin derzeit formiert, ist keine progressive Mehrheit, sondern eine Linksfront ohne ordnendes Zentrum. SPD, Linke und Grüne nähern sich einander nicht aus politischer Stärke, sondern aus wechselseitiger Schwäche. Besonders die Berliner SPD verkennt dabei ihre reale Lage: Sie ist nicht mehr Führungspartei, nicht mehr strukturprägend, nicht mehr richtungssetzend. Sie ist auf dem Weg, Nummer drei in einem ideologisch überhitzten Bündnis zu werden – reduziert auf die Funktion eines bloßen Mehrheitsbeschaffers.

Diese Konstellation ist nicht nur politisch unerquicklich, sie ist strukturell gefährlich. Denn mit dem Verlust der sozialdemokratischen Ordnungsfunktion verschwindet das letzte Element, das in einem linken Bündnis noch zu Abwägung, Prioritätensetzung und Begrenzung fähig wäre. Die programmatische Dynamik liegt längst bei Grünen und Linkspartei – also bei Akteuren, die Politik primär moralisch legitimieren und materielle Folgen systematisch nachrangig behandeln.

Die SPD in der neuen Mandatszusammensetzung der Fraktion ab 2026 wird folgen, wo sie früher korrigierte. Sie wird rechtfertigen, was andere fordern. In dieser Lage von Führung zu sprechen, ist Selbstbetrug. Regierungsteilnahme wird mit Steuerungsfähigkeit verwechselt. Der designierte Landes-Co-Vorsitzende Steffen Krach macht sich entweder selber etwas vor oder betreibt Wählertäuschung, wenn er hier eine sozialdemokratische Führungsrolle behauptet. Er muss gute Mine zum bösen Sopiel machen.

Besonders fatal ist dies vor dem Hintergrund der ökonomischen Lage Berlins. Die Stadt leidet unter schwindender Wettbewerbsfähigkeit, abwandernden Unternehmen, ausbleibenden Investitionen und einer strukturellen Abhängigkeit von Transferleistungen. Statt diesen Niedergang offen zu benennen, setzt die sich abzeichnende Linksfront auf Verdrängung: mehr Ausgaben, mehr Strukturen, mehr Programme – aber keine Reform der Wertschöpfungsbasis, keine Rückkehr zu Leistung, Produktivität und Standortlogik.

Parallel dazu verschärft sich die soziale Fragmentierung der Stadt. In immer mehr Quartieren verliert der Staat faktisch seine ordnende Kraft. Normen, Regeln und Erwartungen gelten nicht mehr allgemein, sondern gruppenspezifisch. Integrationsdefizite werden nicht mehr als Problem adressiert, sondern politisch umetikettiert. Insbesondere in migrantisch-islamisch geprägten Milieus entsteht eine Verstärkung informeller Ordnungen, die mit dem liberal-staatlichen Regelwerk nur noch partiell kompatibel sind. Wer darauf hinweist, gilt als unsensibel; wer es ignoriert, handelt fahrlässig.

Genau hier zeigt sich die Blindstelle der Linksfront. Anstatt Ordnungspolitik zu betreiben, flüchtet sie sich in Symbolpolitik. Anstatt normative Klarheit herzustellen, erweitert sie Beteiligungsformate. Anstatt Durchsetzung einzufordern, erklärt sie Konflikte für kulturelle Missverständnisse. Der Staat zieht sich zurück – nicht aus Liberalität, sondern aus politischer Feigheit.

So entsteht schleichend, aber unübersehbar ein Zustand der Anomie: Regeln verlieren ihre Verbindlichkeit, Leistung ihren Sinn, Verantwortung ihre Adresse. Wer sich anpasst, ist der Dumme; wer Grenzen testet, wird belohnt. In einem solchen Umfeld kann weder wirtschaftliche Erholung noch gesellschaftlicher Zusammenhalt entstehen.

Die SPD wäre historisch dazu berufen, diesem Prozess entgegenzutreten. Doch genau dazu ist sie in der kommenden Linksfront nicht mehr fähig. Als drittstärkste Kraft, abhängig von linken Mehrheiten und moralischen Vetos, wird sie nicht bremsen, sondern mitziehen. Sie wird verwalten, was andere ideologisch vorgeben. Sie wird erklären, warum es keine Alternativen gebe – und damit ihre letzte politische Substanz verspielen.

Was Berlin dann droht, ist mehr als Stillstand. Es ist ein kontrollierter Abstieg: wirtschaftlich geschwächt, sozial fragmentiert, normativ entkernt. Eine Stadt mit wachsendem Anspruchsdenken, sinkender Leistungsbereitschaft und einem Staat, der zwar verteilt, aber nicht mehr durchsetzt.

Die Wahl 2026 entscheidet daher nicht über Nuancen linker Politik, sondern über eine Grundfrage:
Will Berlin weiter in eine Koalition ohne Zentrum, ohne Ordnung und ohne ökonomisches Fundament hineinregieren – oder erkennt es rechtzeitig, dass moralische Selbstvergewisserung keinen sozialen Frieden schafft und dass eine Mehrheit ohne Führung den Weg in den Niedergang nur beschleunigt?

Eine Linksfront, in der die SPD nicht führt, sondern nur noch als Stimmvieh irgendwie mitzählt, ist der politische Beschleuniger eines zivilisatorischen Zerfalls.