Die Erstürmung der Großen Moschee in Mekka - der vergessene Urknall des islamistischen Terrors
Es gibt historische Augenblicke, die wie ein Urknall wirken: ein gewaltsames Beben, das eine neue Epoche eröffnet – und das doch völlig aus dem kollektiven Gedächtnis verschwindet. Genau so ein Ereignis war die Besetzung der Großen Moschee von Mekka im November 1979. Kaum jemand, vor allem unter der aufkommenden jüngeren Generation weiß, was damals geschah. Dabei liegt in diesem „vergessenen Urknall“ der Islam(ismus)geschichte der Schlüssel zum Verständnis der Bedrohungen, mit denen wir heute - bis hin zum mörderischen Anschlag der Hamas vom 7. Oktober vor 2 Jahren auf Israel aus dem Gaza-Streifen und dessen Folgen, konfrontiert sind.
Am 20. November 1979, in den ersten Tagen des neuen islamischen Jahrhunderts, stürmte eine Gruppe fanatischer Fundamentalisten um Juhayman al-Otaybi die Kaaba, das Herz des Islam. Tausende Pilger wurden zu Geiseln, ein „Mahdi“ wurde ausgerufen, die saudische Monarchie sollte gestürzt und die islamische Welt in eine vermeintlich reine Ordnung zurückgeführt werden. Zwei Wochen lang tobten Gefechte innerhalb der heiligsten Stätte des Islam. Erst mit brutaler Gewalt und unter Mithilfe französischer Spezialkräfte gelang es, den Aufstand niederzuschlagen.
Dieses Ereignis war weit mehr als ein Angriff auf die saudische Herrschaft. Es war der Auftakt einer neuen Epoche: der moderne Dschihadismus wurde geboren. Noch bevor die Sowjets Afghanistan besetzten, bevor al-Qaida und IS ihren Namen in die Welt trugen, zeigte sich hier ein Muster, das bis heute anhält: Die ersten und weitaus meisten Opfer islamistischer Gewalt sind Muslime selbst. Hunderttausende sind in den folgenden Jahrzehnten im Irak, in Syrien, in Afghanistan oder in Nigeria durch islamistische Anschläge und Bürgerkriege getötet worden. Der Islamismus ist eine Ideologie, die ihre eigene Glaubensgemeinschaft zerreißt – und genau darin liegt seine zerstörerische Radikalität.
Doch die Gewalt blieb nicht im Inneren. Mit den demografischen Schüben in der islamischen Welt, mit Migration und globaler Vernetzung erreichte die Dynamik, die 1979 begann, auch Europa. Von den Anschlägen in Paris und London bis zum Terror auf dem Berliner Breitscheidplatz reicht die Blutspur. Was damals als Aufstand gegen die saudische Monarchie begann, hat sich zu einer globalen Herausforderung entwickelt: Der Islamismus richtet sich längst gegen die westliche Zivilisation selbst.
Gerade deshalb darf dieses Urereignis nicht im Vergessen versinken. Dieses Ereignis, das filmisch dokumentiert worden ist, müsste eigentlich wie ein historisches Mahnmal in regelmäßigen Abständen – alle zehn Jahre, ja besser noch alle fünf Jahre – jeder neuen Generation vor Augen geführt werden. Es kann nicht sein, dass ein Ereignis von solcher Tragweite, das mit Recht als Urknall des modernen Terrorismus bezeichnet werden kann, aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden ist.
Die Jugend von heute, aber eben nicht nur sie, hat überhaupt keine Ahnung, dass dieser Fanal in Mekka überhaupt stattgefunden hat. Und doch ist er der Schlüssel, um die Gegenwart zu verstehen. Wer das damalige Beben ignoriert, versteht nicht, warum der Islamismus heute so ungebrochen fortwirkt.
Jeder sollte sich mit diesem Schlüsselereignis wenigstens einmal beschäftigen: https://archive.org/details/1979-Mekka_Urknall-des-Terrors_ARTE-France_2018
Es ist höchste Zeit, diesen „vergessenen Urknall“ wieder ins Bewusstsein zu rufen – als Mahnung und als Warnung. Denn die Gewalt, die sich damals gegen Muslime selbst richtete, richtet sich heute längst auch gegen uns. Und wer die Lektion von Mekka 1979 dem völligen Vergessen überantwortet oder/und verdrängt, riskiert, das latente Ausmaß der Gefahr zu unterschätzen, die unsere Freiheit, unsere Kultur und unsere Zivilisation immer wieder auch ganz manifest bedroht.